Die Rose des kleinen Prinzen – Wer steckt dahinter?

Den Interpreten des Buches hat die "Rose" des kleinen Prinzen immer Schwierigkeiten bereitet. Wer steckt hinter diesem Symbol? Die Lösung ist einfach.

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Um die Frage, wer sich hinter der Rose des kleinen Prinzen verbirgt, gab es in der Vergangenheit stets Verwirrung. Mal vermutete man Exupérys erste große Liebe Louise de Vilmorin, für die er sogar die Fliegerei aufgab. Sie brachen ihre „unreife“ Beziehung abrupt ab, erneuerten später aber ihre Freundschaft wieder. Dann sah man in der Rose eine Art zusammengesetztes Portrait aus verschiedenen Liebesbeziehungen des Autors. Und der Psychoanalytiker Eugen Drewermann analysierte das Werk aus tiefenpsychologischer Sicht und will in der Rose Exupérys Mutter Marie zu erkennen wissen. Das ist weit vom Ziel entfernt. Dabei steckt hinter der Rose niemand anderes als Antoines Frau Consuelo.

Die Memoiren von Consuelo de Saint-Exupéry

Was einige Biografen nur vermuteten, erhellte sich im Jahr 2000, als die Erinnerungen von Consuelo de Saint-Exupéry erschienen. Unter dem Titel »Die Rose des kleinen Prinzen« erzählt sie Episoden aus ihrer Zeit mit Antoine. Bereits 1946 hatte sie diese – in einem Zug – niedergeschrieben. Zunächst handschriftlich aufs Papier geworfen, tippte sie die Texte schließlich mit der Schreibmaschine – auf Durchschlagpapier! – ab. Zusammengeschnürt landeten diese Erinnerungen in einem großen schwarzen Koffer, der den schriftstellerischen Nachlass ihres Mannes enthielt und ungeöffnet im Keller ihrer Pariser Wohnung lagerte. Erst im Alter warf sie wieder Blicke in den Koffer, der die Erinnerungen an ihr verlorenes Glück enthielt. Als Consuelo 1979 starb, kam der ominöse Koffer zum Vorschein. Ihre Erben trugen seinen Inhalt nach und nach ans Licht, so auch ihre Memoiren.

Die Beziehung von Antoine und Consuelo

Consuelo de Saint Exupéry 1942 in Montreal / Kanada
Consuelo de Saint Exupéry 1942 in Montreal / Kanada. Bild: Wikipedia

Im September 1930 lernte Saint-Exupéry Consueolo Suncin kennen. Die brünette Witwe eines angesehenen argentinischen Journalisten war zwar nicht sein Typ, doch faszinierte ihn ihre überschäumende Phantasie. Sie war kompliziert, launisch und unberechenbar. Viele Nahestehende Saint-Exupérys wunderten sich, warum er sich ausgerechnet für diesen temperamentvollen Charakter entschieden hatte. Als er Consuelo bei einer Cocktail-Party in Buenos Aires kennenlernte, war er von ihrer Ausstrahlung so beeindruckt, dass er sie kurzerhand mit einem Flugzeug entführte und damit drohte, die Maschine abstürzen zu lassen, wenn sie ihm nicht ein Hochzeitsversprechen gäbe.

Im April 1931 heirateten sie. Seine konservative Familie zeigte sich wenig begeistert von der modernen Frau. Ihrer beider Beziehung war leidenschaftlich, aber äußerst kompliziert. Antoine war oft auf Reisen und hinterging sie bei zahlreichen Seitensprüngen. Sie konnten nicht miteinander, aber auch nicht ohne sich leben. Consuelo ging in Frankreich ihrer eigenen Karriere als Malerin nach. Als Saint-Exupéry 1942 den kleinen Prinzen niederschrieb, hatten beide den Versuch eines geteilten Lebens schon lange aufgegeben. Dennoch fühlten sie sich einander verantwortlich. Sie war seine Muse und sie hatte ihn stets dazu ermuntert, schriftstellerisch tätig zu werden – auch mit unkonventionellen Methoden, wenn es Liebe nur für Texte gab. Als er sie 1941 bat, nach New York zu kommen, willigte sie ein und unterstützte ihn im Exil. Damit er in Ruhe arbeiten konnte, mietete sie ihm 1942 eine Villa an der Nordküste von Long Island, wo ihn nur seine engsten Freunde besuchen kamen. In der Zeit ihrer Trennung, als Antoine 1943 in den Kriegsdienst zurückkehrte, schrieb er ihr stets leidenschaftliche Briefe. In seinem letzten Brief an seinem 44. Geburtstag schwor er ihr ewig Treue.

Consuelo – Die Rose

Dass sich hinter der Rose des kleinen Prinzen Consuelo verbirgt, ist heute relativ unstrittig. Schon ein Brief Antoines an seine Frau erhellt dies. Heißt es darin: »Du weisst, dass du die Rose bist. Ich habe vielleicht nicht immer gut für dich gesorgt, doch ich habe dich immer hübsch gefunden.« Auch der Verleger Robert Tenger, der Consuelos Buch Oppède verlegte, ist sich sicher, dass ihn Consuelo zu seinem Buch inspiriert hatte. Er hatte im Exil viel Zeit mit dem Paar in den Vereinigten Staaten verbracht. Ein Freund Antoines wiederum, der Schriftsteller Louis Deleas, glaubte beim Lesen der Erzählung, einem Gespräch zwischen den Eheleute beizuwohnen. Schließlich berichtete auch Marie-Madeleine Mast, die Frau des Generalresidenten Tunesiens, von einem Abendessen mit Antoine im Jahre 1943: »Die einzige Rose, so sagte er uns, sei seine Frau. Er sei für sie verantwortlich und habe nur sie.«

Als eine Analogie auf die Beziehung von Antoine und Consuelo betrachtet, finden sich zahlreiche Passagen, in denen Consuelo – allgegenwärtig – zum Vorschein kommt: Als die Rose natürlich mit all ihren Allüren und der Versuch des kleinen Prinzen, sie zu schützen, die Vulkanlandschaft seines Planeten ist eine Anspielung auf Consuelos Heimat El Salvador, sie ist der Fuchs, der gezähmt werden will, sie ist die rätselhafte Schlange. Und das Blumenfeld, das den kleinen Prinzen so sehr zweifeln lässt, sind seine zahlreichen Liebschaften.

Aus Dankbarkeit zu seiner Frau wollte er ihr eigentlich seine Erzählung weihen. Sie aber drängte ihn, das Buch seinem jüdischen Freund Léon Werth zu widmen. Er versprach ihr, aus dem Krieg zurückzukehren und eine Fortsetzung zu schreiben, in der sie die Prinzessin seiner Träume wäre. Diese Fortsetzung vermochte er nicht mehr zu schreiben. Antoine verscholl am 31. Juli 1944 bei einem Aufklärungsflug. Erst im Jahr 2000, dem Jahr, in dem Consuelos Memoiren erschienen, fand man sein Flugzeug auf dem Grund des Mittelmeers südlich von Marseilles / Frankreich.

 

1 KOMMENTAR

  1. Als jemand mit psychischen Problemen/ Depressionen, sah ich die Rose immer als ein Symbol des eigenen „seelischen“ Glücks: es kommt zufällig, nicht steuerbar und ist so zerbechlich, unberechenbar, anfällig für außere Einflüsse, fragil und möchte beschützt und gepflegt, beachtet und geliebt werden (und sei es auch noch so klein), sonst verkümmert es und stirbt. Habe das ganze Buch „Der kleine Prinz“ als eine Geschichte über das menschliche Seelenleben gesehen (vlt. von eher „schwemütigen“ Menschen), und alle Charaktere, die darin vorkommen, verkörpern im übertragenen Sinn verschiedene Aspekte der Persönlichkeit.

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